Turnierhelm für den Gioco del Ponte, Pisa, um 1590
Gewicht: 2,95 kg.
Höhe: 28 cm.
Provenienz: Ex Sammlung Museo Civico di Pisa.
verkauft
Der Gioco del Ponte wurde 1490 erstmalig erwähnt, geht aber auf den bereits 1264 ausgetragenen Mazzascudo zurück. Hierbei handelte es sich um ein Turnier, das
ursprünglich mit Kolben und Schild auf der Piazza dei Cavalieri in Pisa ausgefochten wurde. Später ersetzte man diese Waffen durch den Targone, ein länglicher Schild,
der sowohl zum Parieren von Attacken als auch zu Hieb und Stoß gebraucht werden konnte und verlegte das Turnier auf die Brücke über den Arno. Im Rahmen des Gioco del
Ponte wurden Rivalitäten der Stadtteile nördlich des Flusses (Tramontana) mit denen südlich davon (Mezzogiorno) ausgetragen. Beide Parteien unterteilten sich
wiederum in Gruppierungen der jeweiligen Stadtviertel. Ihre Mitglieder trugen prachtvolle Kostüme in den Farben ihres Viertels und neben der Targone einen Helm mit
dem typischen Visier in Gitterform, das außer einem guten Sichtfeld und optimaler Ventilation einen angemessenen Schutz der Kopfpartie vor den Schlägen der Targone
bot.
Der Gioco del Ponte wurde bis in das Jahr 1807 ausgetragen und im Jahre 1935 wieder aufgegriffen. Seit 1982 findet das Turnier als Volksfest statt, auf den Kampf mit
der Targone wird dabei allerdings verzichtet.[...]
Beschreibung
Helme des Gioco del Ponte haben sich aus unterschiedlichen Epochen erhalten. Meist wurden sie gefertigt, indem Helmglocken für den Feldeinsatz zweitverwendet und mit
einem individuell angefertigten Gittervisier versehen wurden. Dies ist auch bei dem vorliegenden Stück der Fall. Die Helmglocke besteht aus zwei Teilen, die am
senkrecht aufragenden Kamm von hochrechteckigem Querschnitt miteinander verbunden wurden. Beide Hälften weisen zwei aufgenietete Verstärkungsstreifen auf, die die
Glocke in einer Kreisbewegung längsseitig überlagern. Rückwärtig befinden sich ein Federhalter und die Gravur G P, am unteren Rand sind eine Reihe Nieten zur
Befestigung eines Helmfutters zu sehen. Es schließt sich eine Kragenplatte an, zu der ein Gegenstück an der Vorderseite unterhalb des Kinnreffs korrespondiert. Die
Ränder von Kinnreff, Kragenplatten und den Visierbestandteilen sind mit je zwei parallel verlaufenden Zierrillen versehen. Das Visier ist aus elf eisernen Stäben und
zwei Platten konstruiert, die zu einer Einheit miteinander vernietet sind. Gemeinsam mit dem Kinnreff ist es aufschlächtig drehbar gelagert. Es befinden sich zwei
originale Verschlusshaken am oberen Rand des Kinnreffs, die das Visier verriegeln. An der rechten Seite des Helmes ist ein Haken zum Verschluss von Kinnreff und
Helmglocke angebracht.
Zustand
Dieser Helm ist in allen Teilen original erhalten und verfügt
[...]
über eine ästhetisch sehr ansprechende Patina sowie entsprechende Gebrauchsspuren. Der Verschlusshaken an der rechten Helmglocke ist in alter Zeit professionell ergänzt worden und hebt sich aufgrund seiner Oberflächenpatina optisch kaum ab. Am unteren Rand der
Kragenplatten sind jeweils zwei Löcher zu sehen. Diese wurden wohl im 19. oder frühen 20. Jahrhundert gebohrt und dienten dazu, zwei weitere Kragenplatten als
„Restaurierung“ an die vorhandenen anzunieten. Da uns diese modernen Platten störten und die Oberfläche sich deutlich vom Rest des Helmes unterschied, beschlossen
wir, sie zu entfernen und die Nieten zu öffnen.
Vergleichsstücke
Vgl. Aliverti, M. I. et al (1980): Il Gioco del Ponte di Pisa, Nr. 2.24, S. 62.